Sonntag, 31. Oktober 2010

Zwischen den Welten

Wächter, Beschützer, Begleiter, Freund oder nur steinerne Zeugen? Auf Friedhöfen oft in trauriger Pose dargestellt bekommen Engel verschiedene Rollen für uns Menschen umgehängt. Im kollektiven Bewußtsein der westlichen Welt haben sie etwas komisch Statisches an sich. In Kirchen bevölkern sie Wände und Altäre. Aber was fängt ein Durchschnittsbürger mit diesen Darstellungen oder ihren vorgestellten Entsprechungen im alltäglichen Leben an? 


                       auf dem Friedhof von Muckross Abbey, Killarney, Irland


Wahrscheinlich nicht sehr viel, und doch sind auch im öffentlichen Raum immer wieder große Statuen auf prominenten Plätzen zu finden. Vielleicht spüren wir Menschen ja, dass etwas Essentielles dahinterstecken könnte.


    im Biedermeierfriedhof St Marx, Wien


Manchmal in Begegnungen mit Menschen, wenn jemand mein Herz berührt, mich ohne Grund anlächelt fühle ich den Flügelschlag von etwas Unsichtbarem, das mich für einen Moment streift, aber lange in Erinnerung bleiben kann. Wenn einem warm ums Herz wird, könnte man gerade von einen sichtbaren oder unsichtbaren Engel Besuch bekommen haben.

Bei mir läuteten heute Abend einige an der Haustüre. Ich hielt ihnen einen Korb mit Naschsachen entgegen, sie nahmen sich artig ein paar Stück und bedankten sich dafür. Nichts besonderes und trotzdem kleine Freude. Das Leben kann manchmal so einfach sein.

Samstag, 30. Oktober 2010

Alternativer Nobelpreis 2010 für Bischof Kräutler


Es ging durch alle Medien: Bischof Kräutler, seit Jahrzehnten in Brasilien lebend, erhält heuer den Alternativen Nobelpreis, Right Livelihood Awards für sein langjähriges Engagement für die Rechte der Indios und den Schutz des Regenwaldes. 

     über den Dächern von Assisi, Juni 2010

Ich bewundere Kräutlers Mut und seinen konkreten Einsatz für humanitäre Projekte. Dies hat ihm nicht nur Freunde gebracht, da er sich damit immer wieder gegen die Interessen der Mächtigen gestellt hat. Es mag kein einfaches Leben sein, rund um die Uhr unter Polizeischutz zu stehen. Hut ab vor der Leistung dieses Mannes.

Einer seiner vielleicht wichtigsten Statements: Armut ist kein Schicksal, Armut ist gemacht. 
Ein gutes Leben für alle Menschen auf der Erde würde uns alle ein großes Stück glücklicher machen, davon bin ich zutiefst überzeugt. 
Wie können wir uns einbringen ist die Frage, die mich in diesem Zusammenhang beschäftigt. Hinschauen statt wegschauen ist wahrscheinlich der erste wichtige Schritt!
Auch dazu leistet diese Auszeichnung einen wichtigen Beitrag.

Simplify Your Wintertime

Gerade eben blendet mich die untergehende Sonne hinter dem Bildschirm und ich bin versucht, die Jalousien herunterzulassen. Als gäbe es keine dunkle Tageszeit, bin ich wie ein kleines Kind gerade in der Gegenwart versunken. Zwei, drei Minuten später schon brechen sich die letzten Strahlen in den Zweigen der Sträucher und Bäume an der Gartenecke und ich kann geradewegs hinschauen, ohne dass es weh tut. 


    Sonnenuntergang Anfang Oktober in Theres, Unterfranken

Heute Nacht gewinnen wir die Stunde wieder, die im März verlorenging. Es wird früher hell, aber die Tage erscheinen plötzlich unglaublich kurz. Morgen um diese Zeit wird es ganz dunkel sein. Ich kann mich an diesen Gedanken nur schwer gewöhnen und doch wird er bald von der Realität eindrucksvoll eingeholt werden.

       ebendort

Fünf Monate Winterzeit, da heißt es Licht tanken, wann immer es geht. Dranbleiben, nicht aufgeben und hinaus ins Freie! Vornehmlich in der Mittagszeit und noch vor dem Nachmittagskaffee.

Ich bin zwar keine Freundin von guten Vorsätzen, jetzt ist es doch soweit: Mal sehn, wie ich es schaffen werde, im März wird Inventur gemacht.
Bis dahin auf viele schöne frühe Sonnenuntergänge und lange gemütliche Winterabende zählen. 


               Sonnenuntergang am Sunsetpoint Keri, Zakynthos

Da wir uns als Menschen keinen Winterschlaf angewöhnt haben, wird dazwischen auch ein wenig Arbeit erledigt. Was sein muss, muss sein.  
Ich werde es diesmal mit Simplify Your Wintertime versuchen. Wie ich mich kenne, fällt mir dann besonders viel ein und der Winter geht flugs vorüber.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Zu ebener Erde und im Kronendach

Ein herrlicher windstiller Herbsttag mit Sonnenschein liegt hinter uns. Gartenarbeit oder Spaziergang? Die Vernunft rät zu Ersterem. Bei so einem Wetter macht es ja auch richtig Spaß. Davon gibt es hier aber keine Fotos, wie eine Scheibtruhe aussieht, weiß schließlich jede/r.



Mit diesen Bildern erinnere Ich mich an unseren letzten Spaziergang im Laxenburger Schloßpark vor ein paar Tagen. Schön langsam zeigt der Herbst auch hier sein schönstes Gesicht.


    Concordiatempel im Laxenburger Schlosspark

Im hinteren Parkteil kommt man an diesem Tempel vorbei, ein bisschen zugig ist es im Inneren. Von außen mag ich es eindeutig lieber ansehen.


Dem Raum unter dieser mächtigen Buche ein paar Schritte weiter gebe ich  allerdings den Vorzug gegenüber der gemauerten Kuppel. Ein bronzefarbener Teppich breitet sich am Boden aus und es ist noch nicht mal der größte Teil des Laubes abgefallen.



Der Blick zum Boden lohnt sich. Wer einer Eiche beim Wachsen zusehen will, kann sich hier Samen holen, jede Menge verschiedener Sorten liegen in großen Mengen im ganzen Park verteilt herum. Im Frühjahr finden sich dann die keimenden Eicheln zuhauf unter den Bäumen und man kann sich die schönsten aussuchen.



Von der Farben her würde man hier eher an das Frühjahr denken. Diese hochgiftige Herbstzeitlose gehört zu den geschützten Arten und wächst mit anderen ihrer Art auch im hinteren Parkteil in einer Wiese.

Auch wenn heute der Garten meine ganze Aufmerksamkeit hatte, die nächsten Tage werde ich sicher wieder dem Park einen Besuch abstatten. Jetzt verändert sich so viel, und das mag ich ganz besonders.

Hier gehts zu täglich neuen Fotos vom Schlosspark Laxenburg 

Dienstag, 26. Oktober 2010

Unter dem Regenbogen


Weibliche Gedanken zum heutigen Nationalfeiertag in Österreich.


 
Möglicherweise klaffen die Wünsche für ein gutes Leben zwischen Männern und Frauen gar nicht so weit auseinander? Dazu gibt es sicher schon Studien ohne Zahl, die auch laufend aktualisiert werden.



Die Liste könnte so lauten:
Eine lebendige, liebevolle Beziehung zu einem Lebensmenschen und einer weiteren Zahl von Menschen.
Ein Beruf, für den man/frau gerne jeden Tag aufsteht und in dem man/frau sich selbst verwirklicht sieht.
Eine oder mehr Tätigkeiten, die Neugier, Lebensfreude, Kreativität, Erfüllung, glückliche Gefühle fordert und fördert.




Persönliches Glück für dich, für mich, für uns alle? Die Träume von Menschen, egal wo in der Welt, unterscheiden sich nicht annähernd so wie ihr Aussehen. In den Wünschen für ein gutes Leben sind wir uns weltweit sehr ähnlich.


 
Frauen von morgen. Was für ein Leben werden sie leben? Wie wird es sich von dem Unsrigen unterscheiden? Welche Wege werden sie mit ihren Männern gehen, und diese mit ihnen?
Spannende Fragen, so meine ich. 

Wie das mit dem Nationalfeiertag zusammenhängt?
Prosperität eines Landes wird beeinflusst von den Lebenwirklichkeiten seiner Bevölkerung. 
Das kleine Glück aus obiger Liste für möglichst viele Menschen, das wäre mein Wunsch zum heutigen Tag.

Das miteinander zu verwirklichen wäre eine lohnende Aufgabe.

Ein Stück Wiener Geschichte, das Musikhaus Placht

Wien ist weltweit mit klassischer Musik assoziiert. Mehrere große Konzert- und Opernsäle werden täglich bespielt. Die Lehrstätten ziehen Studenten aus allen Erdteilen an. Musik bedeutet ein großes Stück Identität für diese Stadt.
Vor einigen Jahrzehnten drückte sich dieser Umstand in den Gassen der Innenstadt auch in der Dichte der Geschäfte aus, die alles anboten, was man zum aktiven und passiven Musikgenuss benötigte.


 Bis zum Frühjahr 2010 am Fleischmarkt 14

 In den letzten Jahren setzte ein immer schneller ablaufendes Sterben nicht nur solcher Geschäfte, sondern vieler anderer Sparten ein. Besonders im ersten Bezirk, in den Toplagen der Fußgängerzone rund um die Kärnterstraße und  Graben geht gefühlsmäßig fast täglich ein Stück Wiener Identität verloren. Ich berichtete schon darüber.
Hier ist ein Widerspruch festzustellen. Auf der einen Seite werden  Häuser der Gründerzeit gewissenhaft  renoviert, Vieles steht unter Denkmalschutz. Auf der anderen Seite gehen alte Geschäftsportale, die Wien ein unverwechselbares Aussehen und den gewissen Flair verleihen, vor unseren Augen unwiederbringlich verloren.



So zeigen neue Entwicklungen am Immobilienmarkt ihr an der Oberfläche vordergründig schön anzusehendes Gesicht. Moderne Portale großer Textilketten ersetzen das Alte, Vieles steht leer, die zum Teil zehnfach hohen Mieten können sich die alteingesessenen Mieter oder Nachmieter nicht leisten. Davon sind auch Juweliere und andere kleine, hochspezialisierte Geschäfte nicht ausgenommen. Die Vielfalt und Unverwechselbarkeit schwindet.

Eine kleine Freude bereitet mir vor diesem traurigen Hintergrund das Glück, auf eines der ältesten Läden in der Rotenturmstraße rechtzeitig aufmerksam geworden zu sein. Ich machte noch ein Foto vom Musikhaus Placht, bevor es endgültig niedergerissen wurde.


      Papierfachgeschäft in der Wollzeile

Wo gehen Musikstudenten heute hin, wenn sie mal schnell eine Seite brauchen, oder ein paar Noten? Hier wurden sie bis zum Frühjahr versorgt, der kleine Laden konnte sein 200jähriges Bestehen nicht mehr begehen. Das wäre 2016 gewesen. Fast 200 Jahre lang Instrumente und Zubehör auf einigen Quadratmetern Fläche mutet ja schon als kleines Wunder an. Damit ist es jetzt vorbei. Der Nachfolger könnte sich hier einen Bruchteil dieser Zeitspanne halten, aber das störte ja prinzipiell nicht. Es wäre nur schön, wenn wir in Zukunft noch in einem oder anderen kleinen, feinen und speziellen Geschäft einkaufen und ein paar solcher wunderschönen Geschäftsportale aus Holz bewundern könnten. 



Schönbichler und Co. bitte bleibt und erhaltet uns ein Stück des gründerzeitlichen Wien, wir lieben es.

Samstag, 23. Oktober 2010

Nur EIN Bild / 1


In lockerer Folge:  "Nur EIN Bild"

Unkommentiert, auf den ersten Blick vielleicht unspektakulär, lädt es ein,  Deine Fantasie zu beflügeln und Deine Seele zu berühren.


Freitag, 22. Oktober 2010

Bis gestern

Bis gestern Abend erfreuten uns und manche Spaziergänger diese am Zaun blühenden Dahlien. Sie gaben schon einige Male gute Fotomodells ab, ich konnte mich an ihnen kaum satt sehen.


Heute früh war es soweit: Das heurige Dahlienjahr hat später als in den letzten Jahren ein jähes Ende gefunden.


In der schönsten Morgensonne gaben sie ein besonders trauriges Bild ab.

Hier geschieht die Veränderung vom Leben in den Tod eindrucksvoll. Das Absterben erscheint nicht logisch. Dicke Knospen, kurz vor dem Aufbrechen neben vollen Blüten, die in diesen Tagen lange ihre Schönheit behielten und spät verblühten.
Willkürlich nimmt das Unvermeidliche seinen Lauf.
Was würde ich akzeptieren? Ein paar Wochen länger wäre schon schön. Es würde aber an dem Bild nichts ändern, wenn es soweit wäre.

Vor einem Jahr machten mir einige Blüten eine besondere Freude, sie verwandelten sich im Abschied in Eisprinzessinnen.


Welche Schönheit kurz vor dem Vergehen!

In den Knollen sammelt die Pflanze neue Kraft für das nächste Vegetationsjahr. Ich vergönne ihr ja diese Pause und freue mich schon jetzt, sie wieder treiben zu sehen.
Wie sagte unlängst erst eine Freundin zu mir:  "Ohne den Wechsel der Jahreszeiten wäre es sicher viel langweiliger". 
Dem stimme ich prinzipiell zu, ein bisschen weniger extreme Temperaturunterschiede kämen mir allerdings entgegen, dann müsste ich nicht einmal die Dahlienknollen aus der Erde graben und sie könnten ganz frisch und frei nach ihrem Willen wieder an die warme Frühlingsluft.

Mittwoch, 20. Oktober 2010

2010 - internationales Jahr der Artenvielfalt

Am Eichkogel, Bezirk Mödling in Niederösterreich. Ein kleiner Hügel, seit vielen Jahrzehnten Naturschutzgebiet mit in Europa seltenen Pflanzenarten.


2010 - Dieses Jahr ist zum Internationalen Jahr der Biodiversität ausgerufen worden.

Eine neue Plattform der UNO, die IPBES übernimmt unter anderem die Aufgabe, die natürlichen Ressourcen der Erde, sowie den ökologischen Status zu überwachen. Immerhin 90 Staaten haben sich angeschlossen, darunter China, die USA, Brasilien und die meisten europäischen Länder.
Neben der Bestandsaufnahme bereits bestehender Schäden geht es hauptsächlich um den aktiven Schutz und und die Pflege  verschiedenster Ökosysteme und darum, wirksame Maßnahmen zu erarbeiten, um Zerstörungen rückgängig zu machen.

Almwiese im Großen Walsertal, Vorarlberg

Diese und auch andere Initiativen lassen erkennen, dass langsam weltweit ein größeres Bewusstsein dafür entsteht, wie sehr jede einzelne Einflussnahme auf die Natur und die Ressourcen der Erde Auswirkungen auf das Ganze hat.
Natürlich stehen sich verschiedenste Interessen von Wirtschaft, Politik u Wissenschaft gegenüber, aber gleichzeitig zeugen verstärkte Bemühungen weltweit von Richtungsänderungen im Denken mancher Entscheidungsträger.


   Am Eichkogel

Werden wir Menschen es schaffen, in eine neue respektvolle und liebevolle Beziehung mit unserer Erde zu treten und aufgrund dessen unser Wirtschaften und Leben auf eine andere Basis stellen können?
Ich glaube fest daran und solche Initiativen dienen sicher als Bausteine dafür.


                                            Im Großen Walsertal

Dieser Link führt zu einem interessantes Interview mit dem Biodiversitätsforscher Prof. Eduard Linsenmair.

In Österreich kümmert sich seit vielen Jahren die Arche Noah in Schiltern um Erhaltung alter Gemüse- und Obstsorten. Dort gibt es Saatgut und Pflanzen zu kaufen. Verschiedene Kurse vertiefen das Wissen um die Vielfalt, Aufzucht und Pflege.

Hier gehts zur Arche Noah

Dienstag, 19. Oktober 2010

Frei und Eins

Der vergangene Tag grau in grau - wie viele dieser Tage. Nicht wirklich was Neues. Wir stellen uns zu Zeiten ja schon darauf ein. Trotzdem kommt es immer wieder überraschend. Das ist wie mit dem ersten Schnee, er überrascht uns, obwohl wir wissen, dass er fallen wird.


    Alle Fotos: Ross Carbery, an der Südküste Irlands, Mai 2010

Meine Beziehung zum Grau hat sich in den letzten Jahren etwas gewandelt. Es enttäuscht mich nicht mehr. Ich rechne damit, denn es kommt ja wieder und wieder. Die Veränderung geschah in Irland, allmählich, am Meer.




Wenn alles ineinander verschwimmt, suchen die Augen Anker. Sand, Wasser und Himmel haben sich zu einem gemeinsamen Tanz verschworen und geben ihr Bestes. Es ist nicht nur die orange Windjacke, die mich nicht zu einem Teil dieses Szenarios werden läßt. Ich beobachte und gehe mit oder gegen den Wind. Salzige feuchte Luft kommt böig daher, das Atmen angenehm. 




Da kommt ein Schwarm Strandläufer, ein herrliches Schauspiel. Sie fliegen auf, um gleich darauf wieder wie Noten auf einem Notenblatt zu landen und im Sand zu picken. Kurze, sehr schnelle Schritte, alle die Schnäbel in die selbe Richtung. Eine lautlose Strandläufermelodie.



Ein Stück weiter rasten Möwen auf Felsen. Sie breiten ihre Flügel langsam, bedächtig aus, gleiten dann über die Wasseroberfläche um bald wiederzukehren. Manchmal einzeln, manchmal in kleinen Gruppen.



Wenn ich ihrem Treiben zusehe, fühle ich Freiheit. 

Egal, was sie tun, das Grau verändert sie nicht. 
Es kann ihnen nichts anhaben. Sie schweben, gleiten, tauchen ein und wieder auf, kreischen, lassen sich nieder, rasten.




Dann irgendwann braucht es keinen Anker mehr draußen. In meiner Brust ist es warm und ich spüre die Stärke vom Schweben, Gleiten, Ein- und wieder Auftauchen, Kreischen, mich Niederlassen und Rasten.

Das Grau verändert mich nicht. 
Und alles ist Eins.

Frei sein und Eins sein, kein Widerspruch.

Die orange Windjacke läuft noch immer über den Strand, ein bisschen Farbe tut trotzdem gut.

Sonntag, 17. Oktober 2010

Über alle Grenzen

Wien ist seit Jahrhunderten ein Schmelztiegel verschiedener Nationalitäten. Soweit, so bekannt. Hier eine kleine Geschichte einer wahren Begebenheit:
Ein junges Ehepaar, Mitte 20, ein warm eingepacktes Baby und ein Kinderwagen kommen Anfang November über die Grenze in ein Österreich, das seit ein paar wenigen Monaten zu einem freien Land geworden ist. Das Mädchen ist das einzige Gepäck für diese jungen Menschen, ihr Universitätsabschluss in Ungarn ihr einziges Kapital.

    Alle Fotos: Weißstörche in der Ungarische Tiefebene und Tokaj, Ungarn 2009

Sie haben sich schweren Herzens von ihrer Heimat und Familie getrennt und mit Vertrauen in die eigene Kraft in eine unsichere Lage begeben, mit der Hoffnung auf ein gutes Leben ohne Angst vor dem Gefängnis. 
Herbst 1956, Ungarnaufstand, 200 000 Menschen kommen im Burgenland über die Grenze von Ungarn nach Österreich.

Weltweit gesehen ein sehr häufiges Schicksal, in millionenfacher Wiederholung.

Die Familie hatte Glück, zwei Wochen später hatte der Akademiker eine Arbeit als Gärtner und eine Wohnmöglichkeit für seine Familie. Es war Hoffnung da, eine Perspektive, ein wenig Geld, um sich zu versorgen. Carepakete von der österreichischen Bevölkerung gespendet, halfen nicht nur materiell sondern gaben das Gefühl, willkommen zu sein. So gab es von Beginn an von beiden Seiten die Bereitschaft zur Integration und ein erfolgreiches Leben nahm seinen Lauf. Vier weitere Kinder wurden geboren, beide Eltern arbeiteten viel und taten alles dafür, um ihren Kindern einen guten Start ins eigene Leben zu ermöglichen.

Die österreichische Bevölkerung war damals reich an Mitgefühl und der Bereitschaft zu helfen, obwohl die Menschen selbst nicht viel hatten. Zwei große Kriege und wirtschaftlich schwere Zeiten hatten viele Wunden geschlagen. 


Meine Eltern waren das besagte Paar, ich selbst konnte meinen ersten Geburtstag in einem Land feiern, das an die Freiheit und Chancengleichheit aller Bürger glaubte und dafür werde ich immer dankbar sein.



Auch heute kommen Menschen mit ihren Familien in eines der reichsten Länder der Welt mit der Hoffnung auf ein besseres Leben, der Bereitschaft sich einzubringen und mit dem Wunsch dazuzugehören. Integration kann nur gelingen, wenn beide Seiten positiv zueinander stehen. Oft braucht es gar nicht einmal viel, die richtigen Signale und die Gewissheit, dass alle Beteiligten vom Miteinander profitieren, können wertvolle Schübe in die richtige Richtung erzeugen.



Vorige Woche nahm ich an der Geburtstagsparty meiner einjährigen Nichte in Wien teil. Sechs Freund/Innen feierten mit. Da wurde spanisch, serbokroatisch, slowenisch, ungarisch und deutsch gesprochen. Ein fröhlicher Nachmittag über alle Grenzen hinweg. Es machte mich glücklich, ein Teil dieser selbstverständlichen und liebevollen Begegnungen gewesen zu sein.


Freitag, 15. Oktober 2010

Weiße Vollendung

Jeder neue Tag bringt jetzt die Möglichkeit für leichten Morgenfrost vor den ersten Sonnenstrahlen. Auf der Windschutzscheibe des Autos musste schon zweimal gekratzt werden. Wie ein kleines Wunder mutet es an, dass die Dahlien noch dastehen, als könnte ihnen kein kalter Lufthauch etwas anhaben. In diesen Tagen bereitet jeder einzelne zusätzliche Tag, an dem sie weiterblühen dürfen eine leise Freude.



Ein Stück weiter blühen die weißen Rosen. Sie bereiten uns auf die Zeit der leisen Farbtöne und einer verhaltenen Farbigkeit in der Natur vor. Vielleicht schon an einem der nächsten Tage überrascht ein frostiger Morgen zarte Knospen. Wenn der eisige Hauch sanft war und einige schöne Tage folgen, mag sich die Blüte doch noch ans Öffnen wagen, aber auch das kann nur von kurzer Dauer sein.
Sechs Monate lang haben wir mit blühenden Rosen ums Haus herum gelebt, nun heißt es bald Abschied nehmen. Nicht ohne Dankbarkeit für diese wundervollen Pflanzenwesen.

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Mineros

33 Mineros, Bergleute, Kumpel einer chilenischen Kupfermine stehen heute im Mittelpunkt der Weltöffentlichkeit. Seit dem Begräbnis von Lady Diana war die Welt nicht mehr in einer solch intensiven globalen Emotion vereint. Die Rettung der Verschütteten ist auch ein inszeniertes Medienspektakel, allerdings  mit positivem Unterton. Hier wird vor den Augen von Millionen Zuschauern auf der ganzen Welt demonstriert, wozu Menschen fähig sind, wenn sie zusammenhalten und mit vereinten Kräften an einem Ziel arbeiten.
 


Zurzeit sind noch nicht alle geborgen, aber wir sind zuversichtlich und unsere guten Wünsche sind mit allen Betroffenen.
Unsere Welt rückt zusammen - das ist nicht mehr zu übersehen. Lasst uns daran arbeiten, sie miteinander besser zu machen! 
Als unverbesserliche Optimistin bin ich fasziniert von der Symbolik dieses Ereignisses in Chile. Menschen die aus einer hoffnungslos erscheinenden Situation in Dunkelheit gefangen, mit Hilfe von Vielen wieder eine Perspektive bekommen und ein neues Leben beginnen können. Das macht Mut und - große Freude!

Dienstag, 12. Oktober 2010

Buchstaben - eine Liebe für´s Leben

Eine seit meinem 6. Lebensjahr bestehende Liebesbeziehung könnte die am längsten andauernde meines Lebens sein: Die Liebe zu den Buchstaben.
Schon vor Eintritt in die erste Klasse war ich  fasziniert von einem Setzkasten in der Auslage des Spielzeuggeschäftes in unserer Stadt. Jedesmal, wenn wir vorbeigingen bettelte ich darum, ohne Erfolg. Als ich aber noch vor Weihnachten erkrankte und einige Tage nicht zur Schule gehen konnte, war es soweit. Die anderen Kinder lernten gerade das O und damit ich nichts verpasste, bekam ich den lang ersehnten Kasten. Ich liebte es, damit zu spielen und die Liebe zu den Buchstaben ließ mich seither nie mehr los.

Dieser Setzkasten in alter Schrift dient zurzeit als Schaufensterdekoration in einem Geschäft am Lugeck in Wien. Seit meiner Kindheit hab ich nirgendwo mehr einen solchen gesehen.

Heutzutage braucht es nur regelmäßige Besuche in Buchhandlungen, den Geruch der frischen Säure zwischen zwei bedruckten Papierdeckeln und Bücher in beinahe jedem Raum unseres Hauses, um ein wohliges Gefühl in mir zu erzeugen. 
Was soll ich noch sagen: Es fehlt nie an Büchern, die ich noch nicht gelesen habe. So leicht geht das mit der kleinen Freude!

Montag, 11. Oktober 2010

Kürbis oder welkendes Blatt?

Ein windstiller, sonniger und warmer Oktobermontag und ein wenig Zeit, hinauszugehen.
Glückliche Momente eines Herbstes.


Manchmal frage ich mich, ob es nicht besser wäre, nicht zu wissen, dass es unweigerlich der Kälte und farblosen Zeit entgegengeht. Andererseits, würde ich die Farben so intensiv wahrnehmen, die sonnigen Tage so intensiv schätzen und alles tun, um die Natur in ihrer sich verändernden Pracht zu erleben?


Eine der größten Herausforderungen im Älterwerden könnte der Umstand sein, dass wir auf so viele Erfahrungen zurückgreifen können und aus ihnen unentwegt unsere Schlüsse ziehen.
Erfolgsstrategien könnten so unter Umständen zu Hindernissen werden, einen bestimmten Blickwinkel beizubehalten kann auch mal in eine Sackgasse führen.


Warum nicht einmal wieder mit den Augen eines Kindes sehen, sich einen Tag lang alltäglichen Situationen von einer anderen Seite nähern, etwas sein lassen, das einem furchtbar wichtig erscheint und etwas Nebensächliches tun. Die Welt aus einem anderen Blickwinkel betrachten und entspannen. Alles, was heute wirklich wichtig ist, wird bleiben und meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Das hat sich schon so oft bewiesen. 

Also doch auf Erfahrungen zurückgreifen?


Man kann nicht aus seiner Haut heraus, sagt sich so dahin. Ich glaube nicht daran. 
Einfach ein paar Blätter abwerfen, nachdem sie sich so schön verfärbt haben und dann auf die frischen Triebe warten. Die kommen. Das wissen wir schließlich aus vielen Jahren Erfahrung!

Wir werden ja nicht alles über Bord werfen, manches Ergebnis eines Sommers kommt ja auch als üppige, haltbare Frucht daher.


Kürbis oder welkendes Blatt? Das ist zu unterscheiden. Wenn es schwer fällt, die Liebsten fragen, die wissen es meistens.

So ganz nebenbei, irgendwo muss es insgeheim so etwas wie einen perfekten Bauplan geben, sonst würden Wunden nicht heilen und wir nicht immer wieder aufstehen, nachdem wir auf die Nase gefallen sind.


Der Bauplan perfekt, das Leben manchmal chaotisch, dann wieder erstaunlich bunt. Jetzt im Herbst in feurigen Farben.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Farbige Fäden

Manchmal laufen viele Fäden in kurzer Zeit zusammen.

Alle Bilder von der Infiorate in Spello, Umbrien,  Anfang Juni 2010
Ein ganzes Dorf legt zum Fronleichnamsfest Bildteppiche aus Blütenblättern aus

Innerhalb einer Woche, beginnend mit vergangenem Mittwoch, gab es kurzfristig drei Zusammentreffen mit Menschen, die untrennbar mit meinem Leben verknüpft waren und sind. 
Ich traf meine Ursprungsfamilie, wir waren zu zehnt, da nicht alle kommen konnten. Ein paar Tage später fand ich mich bei einer Schulkollegin zu einem außerplanmäßigen Klassentreffen ein. Wir waren zehn, da nicht alle gekommen waren. Schließlich verbrachten wir das Wochenende in Deutschland bei der Familie meines Mannes. Hier haben sich mehr als zehn versammelt, nämlich doppelt so viele. Eine Woche mit viel fröhlichem Zusammensein, die ihren Höhepunkt am 10.10.10 , am heutigen Sonntag erreichte und am Dienstag mit dem Geburtstag unseres jüngsten Familienmitglieds einen schönen Abschluss finden wird.


In vielen sozialen Netzen verbunden gehen wir durch unser Leben. Vielleicht spielen ja diese selbstverständlichen Beziehungen, in denen wir uns ein Leben lang wiederfinden eine viel größere Rolle für uns, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Ich denke da an das Netz unter dem Seilkünstler. Er meistert sein Kunststück mit der Sicherung unter ihm, obwohl er bei keinem seiner  Schritte damit in Berührung kommt.
Jeder bringt einen ganz bestimmten Duft und eine ganz eigene Farbe ins Zusammenspiel ein. Alle nebeneinander geben die schönsten und interessantesten Muster ab, die bei jedem Zusammentreffen ein anderes Bild malen. 


In Interessensgemeinschaften oder in den Arbeitsbeziehungen mögen die Spektren anders aussehen. Auch wenn ein Schwerpunkt gesetzt ist und der gemeinsame Weg nur eine bestimmte Zeit miteinander geht, gibt es irgendwann ein größeres Bild, das sich einem nicht immer so offensichtlich erschließt. Möglicherweise können wir das Bild erst viele Jahre später erkennen?



Ich mag den Gedanken, mit vielen, vielleicht sehr unterschiedlichen Menschen in verschiedenen Netzwerken verbunden zu sein und mich trotzdem zutiefst als Individuum zu fühlen. Einzigartig und verbunden. Nicht nur ein schöner Gedanke, sondern auch ein schönes Gefühl.
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