Freitag, 25. September 2015

Aus- und Innenzeiten

Tag- und Nachtgleiche, eine Zeit der Balance und des Gleichgewichts. Es sind nur drei Tage oder auch nur einer, aber die Botschaft fühlt sich immer wieder erleichternd an. Wenn ich vergessen habe, woran diese Tage mich erinnern, dann gehe ich zurück in das Gefühl das ich als Kind hatte, wenn wir es geschafft hatten die Schaukel auf gleicher Höhe eine kleine Weile zu halten. Die Dynamik in diesem Zustand kann ich abrufen. Wir kreischten vor Aufregung, wenn wir spürten, dass es unwiederbringlich hinauf oder hinab ging, wenn wir das Gleichgewicht nicht mehr halten konnten, bis wir es wieder und wieder versuchten. 

 

Es liegt eine große Weisheit immer wieder in diesen Zustand einzutauchen. Eine wache, aber entspannte Konzentration auf die Balance im Leben, im Alltag, in Allem was wir tun. Das musste ich mir erst erarbeiten (und muss es noch zu Zeiten). Viel zu sehr wirkten die Vorbilder der Generationen vor mir mit ihrem starken Fokus auf das Tätigsein. Als Kind schaute ich aus dem Fenster wenn ich mich verloren hatte, das half immer. Auch in der Schule (manche Lehrer mochten das gar nicht, weil sie sich selbst nicht mehr erinnerten wie es einmal auch für sie war). In Wirklichkeit sind es kleine kostbare Momente der Meditation, des Innehaltens und Versinkens in sich Selbst und gleichzeitig ins Große Ganze.



Spielen, träumen, in die Luft schauen, einfach nur Sein fällt mir immer noch zu manchen Zeiten schwer. Aber gerade darin liegt das Geheimnis das Leben voll auskosten zu können. Ausschalten des Autopiloten oder aussteigen aus dem Hamsterrad. Manchmal genügen auch nur ganz kurze Zeiten des Ausklinkens aus dem Tätigsein, um eine neue Perspektive zu bekommen oder sich anders zu fühlen. 



Vielleicht sind ja gerade diese kurzen Aus-Zeiten besonders effektiv und wahrscheinlich besonders dann, wenn man spürt, dass "es" gerade soweit ist. JETZT - in diesem Moment und dem Impuls nachgibt. Unser Körper oder abdriftende Gedanken geben uns sowieso Hinweise, das Bedürfnis nach einer Entspannung und Entkoppelung wahrzunehmen.



Jetzt mit Beginn des Herbstes scheint die Sonne am Morgen wieder direkt ins Badezimmerfenster. Ich stehe da, schließe die Augen, fühle die Wärme der Strahlen und mein ganzer Körper füllt sich mit gelben Licht. Mein Lebensgefühl verändert sich in Sekunden...



Ich will noch mehr im JETZT verweilen...ob mit oder ohne Sonne, Meereswellen, Gras oder Sand, ganz egal. In mir ist alles da, gespeichert aus unzähligen Erfahrungen mit den balancegebenden Kräften von Mutter Erde und dem Universum, dessen Teil wir alle sind...


Mittwoch, 23. September 2015

Von Bäumen begleitet / 14

In früheren Beiträgen dieses Monats gab es schon die ersten Andeutungen, jetzt folgen Bilder von meinen Erlebnissen mit Bäumen im August auf der Mecklenburgischen Seenplatte. Da schlägt jedes Baumfreundes Herz Purzelbäume! Besonders erfreuten mich zwei Begegnungen mit Ulmen. Wer sich mit Bäumen beschäftigt weiß, dass diese Baumart in der europäischen Landschaft stilgebend war, bis dahin, wo das große Ulmensterben begann, immerhin schon vor etwa hundert Jahren!



Die erste Überraschung gab es, als ich auf der Wanderkarte im Areal des Müritzer Nationalparks las: "Ulmenallee". So machten wir uns also auf den Weg, nicht wissend, ob es diese Allee überhaupt noch gibt. Einheimische die wir befragten, konnten uns keine Auskunft geben und so mussten wir ein wenig suchen bis wir schließlich fündig wurden. Von der ehemals einige Kilometer langen Allee (wenn die Angaben auf der Karte stimmen) ist nur mehr ein kleiner Abschnitt erhalten, hier führt ein idyllischer Radweg durch.



Bei einer Recherche in weltweiten Netz stieß ich auf einen lesenswerten Artikel  aus "Die Zeit", in der die Zusammenhänge des Ulmensterbens sehr gut beschrieben sind. Der Artikel ist aus dem Jahr 1982!, seither ist nicht viel zum Thema zu finden. Es verschwindet, wie die Ulmen selbst langsam aus unserem Bewusstsein. Zwar sollen junge Bäume noch nicht gefährdet sein und sich relativ früh reproduzieren können, die erwartete kurze Lebensdauer macht diese Baumart wahrscheinlich zu unattraktiv um sie im großen Stil zu pflanzen.



Auch auf diesen Bäumen gab es im August schon gelbe Blätter, ein Indiz für das Schadbild, es ist also durchaus möglich, dass auch der letzte Rest dieser wunderschönen Allee bald der Vergangenheit angehört. 

Es liegt eine Stille in der Landschaft. Kein Verkehr, der leichte Wind lässt das Gras auf diese ihm eigene, mir aus Kindertagen vertraute Art summen, die entsteht wenn die vielen langen Halme gegeneinander stoßen. Auch die Blätter der Bäume rascheln sanft, hie und da eine Fliege oder ein anderes Insekt. Ein feines Naturkonzert, das augenblicklich entspannt und eine Trance auslösen könnte, würde ich mich hier hinsetzen und einfach nur auf alles rundherum vergessen.





Am Ende der Allee finden wir diese Infotafel, einfach genial. In mir keimt die Idee, bei uns zuhause am Bach eine Ulme zu pflanzen. Ich habe mich verliebt...



Nun aber zur richtig alten Ulme, auch sie finden wir über einen Eintrag in der Wanderkarte. Hier fährt man mit dem Rad, die Landschaft ist flach, vielleicht ein wenig eintönig (nicht für mich), um sich zu Fuß die Gegend zu erschließen. So gehen wir etwa eine Stunde an Feldern entlang, dann im einen Eichen und Kiefernwald, bis wir dieses Schild entdecken.


Und das steht die von allen Schadpilzen und Käfern übersehene Pracht von einem Baum, der allerdings schon deutlich seinem Verfall entgegengeht. Ein Zauberbaum, auf einer Seite geschützt von einer Düne, im Schatten einer riesigen Buche, von Kiefern umgeben, also mitten im Wald.
Es hat nun ein wenig zu tröpfeln begonnen, dementsprechend schlecht ist das Licht, die Fotos geben hoffentlich trotzdem die Stimmung wider...



Was für ein charaktervoller Baum!


Von dieser Seite sieht man die Breite des Stammes, diese Ulme hat viele hundert Jahre auf dem Holz (leider findet sich kein Hinweis auf ihr Alter). Was sie wohl schon alles erlebt hat? Da geht die Fantasie schon wieder mit mir durch. Vielleicht haben sich hier unter der Ulme zwei Menschen die ewige Treue geschworen, oder einander verflucht, vielleicht wurde hier ein Kind geboren oder weggelegt? Vielleicht ein Vertrag geschlossen und vieles andere mehr...



Noch ein Blick in die Krone, ich stehe auf der Düne, von hier kann man fast in das Kronendach greifen. Ein ganz eigenartige Stimmung, ehrfurchtgebietend und zum Innehalten anstiftend liegt in der Luft...


Hier findet ihr einen Hinweis auf die alte Ulme in der Nähe des Amalienhofes. So viel Freude haben diese Bäume in mir ausgelöst und nicht nur diese....

Hier findet ihr alle 13 bisher erschienen Beiträge zur Serie





Samstag, 19. September 2015

Jeder Mensch zieht Kreise...

...und verbindet sich mit den Kreisen anderer.

Bevor hier wieder meine geliebten Bäume ins Bild kommen ein paar tagesaktuelle Gedanken. In diesen Tagen und Wochen liegt so viel Veränderung in der Luft (und nicht nur da). Wir alle fühlen, wie sehr wir gefordert sind uns mit allem Möglichen auseinanderzusetzen und das alles neben unserem normalen Leben, das ja in den meisten Fällen schon nicht langweilig dahinplätschert. Können oder müssen wir uns mit globalen Entwicklungen beschäftigen, müssen wir uns Dinge, die im "Außen" passieren zur Agenda machen? Oder wollen wir einfach so weitermachen wie bisher und abwarten bis sich alles wieder von selbst so einstellt wie wir es erhoffen?



Neuere Forschungsergebnisse bringen den Beweis (wenn wir es nicht schon vorher geahnt oder gewusst haben) dass wir alle miteinander verbunden sind und einander in kaum geahnter Weise gegenseitig beeinflussen und aufeinander einwirken, da muss nicht einmal ein Wort gefallen sein, es genügt die Summe unserer Einstellungen und Überzeugungen, unsere Art, wie wir die Welt sehen und uns in ihr bewegen. Viel mehr als wir ahnen teilt sich mit, ob wir wollen oder nicht.


Es ist also nicht egal, was wir denken, was wir fühlen, was für Entscheidungen wir treffen und letztlich was wir tun. Gegen die landläufige Meinung dass es hauptsächlich auf das Tun ankommt setzt sich langsam, aber stetig das Wissen darüber durch darauf zu schauen, wer und wie wir sind. Unser Selbstverständnis, unsere Sicht auf uns selbst und auf die Welt ist nicht egal. Ob wir zum Frieden fähig sind, hängt nicht von unserer entschlossenen Kampfeskraft (für Frieden in der Welt) ab, sondern davon, wie viel Frieden wir in uns selbst schaffen können. Jedem einzelnen Ereignis und Menschen in unserem Leben gegenüber, sei es in der Vergangenheit, in der Gegenwart oder in der Zukunft. An der Arbeit am inneren Frieden führt kein Weg vorbei, wenn wir ernsthaft Frieden in der Welt schaffen wollen! 



Aktueller Anlass für diese Zeilen ist dieses Wochenende zur Tag- und Nachtgleiche, an dem weltweit viele Gruppen zu globalen Meditationen für den Frieden aufrufen. Man muss nur diesen Suchbegriff im weltweiten Netz eingeben und schon bekommt man jede Menge Informationen. 

Sich Zeit nehmen, bequem hinsetzen, entspannen, einstimmen, mit der Quelle verbinden und mit den vielen Menschen rund um den Erdball die nichts sehnlicher wünschen als in Frieden zu leben. Es sind mehr, weit mehr als jene, die Aufruhr und Kriege fördern und initiieren. Es ist keine Frage des Glaubens, denn es gibt Beweise für die Wirksamkeit solcher Anstrengungen. Darüber hinaus vertrauen, dass unsere Arbeit ihre Wirkung entfaltet und tun, was sich anbietet zu tun. Ohne Druck und Zwang und Angst, mit Liebe und Mitgefühl. Die bestmögliche Version unserer Selbst kann gelebt werden, wir beginnen beim Naheliegendsten und gehen weiter....

Falls du bis hierher durchgehalten hast, möchte ich mich bei dir bedanken! Wir treffen einander vielleicht beim Weltmeditationstag 2015 zum Beispiel hier...

Und noch etwas: Aufmerksamkeit lenkt Energie (das was sich zu verwirklichen vorbereitet). Wenn wir uns darauf konzentrieren, was schlecht ist, geben wir etwas Aufmerksamkeit und Raum, was wir eigentlich nicht wollen und ziehen es in unsere Realität. Ein kritischer Blick auf die tägliche Informationsflut über die Medien ist dabei hilfreich!! 
Halten wir uns daran, was wir in der Welt sehen wollen, erleichtern wir das Werden einer besseren Welt....


Samstag, 12. September 2015

Eintausend / 2

...Straßenkilometer in den Norden

Wir haben es wieder getan und so nimmt diese Serie langsam Gestalt an! Einem Familientreffen sei Dank kam ich wohin, wo ich eigentlich schon lange hinkommen wollte. Aber extra dahinfahren? Ganze 3 Autos mit österreichischem Kennzeichen begegneten uns in den 4 Tagen in denen wir auf der Mecklenburgischen Seenplatte unterwegs waren, in keiner Hinsicht ein "naheliegendes" Reiseziel für Österreicher also, ganz zu unrecht wie sich herausstellte...



Ich musste nicht lange nach der Besonderheit dieser Region suchen. In der ersten Buchhandlung, die wir zwecks Orientierung betraten, stach sie mir beim ersten Blick in eine Wanderkarte ins Auge. Da waren einzelne Bäume eingezeichnet, teilweise sogar mit Altersangabe wie 800-jährige Linde oder eben 1000-jährige Eiche! Wir spazierten dann noch höflichkeitshalber durch die Altstadt von Waren am Müritzsee, aber mich zog es schon gewaltig in den Nationalpark, um einige der Methusalems unter den Bäumen kennenzulernen. Wie sich herausstellte besuchten wir zuallererst die wohl älteste Eiche Europas! Ich war aufgeregt. Wie würde sie sich anfühlen, wie aussehen?!


 
Zuerst muss ich allerdings einen Umstand würdigen, der mich fast umgehauen hat. Während in Österreich systematisch ganze Alleen über viele Jahrzehnte hindurch geschlägert wurden, findet sich hier in Mecklenburg Vorpommern, in der ehemaligen DDR kaum eine Straße die nicht von Bäumen dicht an dicht gesäumt ist. Jede "Pimperlstraße" (österreichisch liebevoll abwertend für alles was kaum noch die Bezeichnung Straße verdient) ist gesäumt von ganz jungen bis ganz alten Bäumen. Eichen, Ahorn, Linden, Eschen, Kastanien, Buchen und diverse Obstgehölze, um die häufigsten zu nennen. Ich war platt, entzückt und sicher anstrengend. Denn mein lieber Weggefährte der am Lenkrad saß, musste ab und an dem Druck weichen, das Auto abstellen und warten bis ich mit fotografieren fertig war. So begeistert wie ich war drückte ich auch während der Fahrt auf den Auslöser, wie das Foto (oben) einer Eichenallee zeigt.


Dieser Beitrag soll nun ganz der Ivenacker Eiche gehören, die in einem Tierpark lebt, mit einigen noch lebenden Baumgeschwistern und vielen anderen "Urwaldriesen". In einem der nächsten Beiträge kommen auch Ulmen und andere wunderbare Bäume ins Bild. Dieser Beitrag gehört außerdem in die Serie "Von Bäumen begleitet".



Hier das erste Bild der mindestens 1000-jährigen Eiche. Man sollte den Kronenbereich aus Schutzgründen nicht betreten. Um die Dimensionen besser nachempfinden zu können war mir das junge Pärchen, das fürs (eigene) Foto posierte aber gerade recht. 


Das nächste Foto ist bearbeitet, um meine Stimmung angesichts dieses wunderbaren Baumes ein bisschen wiedergeben zu können. Viele Faktoren mussten im Laufe der Jahrhunderte zusammenstimmen, damit diese und ein paar andere Eichen so lange überleben konnten. Dazu mehr auf den Tafeln. 



Der Einfachheit halber füge ich die Texte der Schautafeln an, wer sich für mehr Info dazu interessiert, kann hier weiterlesen, alle anderen dürfen sich von den Bildern verzaubern lassen.




                        für bessere Lesbarkeit aufs Bild klicken
 

Vom Waldcafe aus konnten wir das Damwild auf einer großen Wiese entspannt beobachten. Augenblicke, in denen die Zeit stillzustehen scheint...




Zuletzt eine Gesamtansicht. Welch eine vitale Erscheinung, in diesem Alter!!



Alles in Allem muss ich diese paar Tage als eines der Top Erlebnisse dieses Jahres abheften. So viele beeindruckende Bäume auf Schritt und Tritt sah ich noch nirgendwo. An Straßen, auf Plätzen, inmitten von Äckern in Wäldern, überall trifft man auf alte bis sehr alte Exemplare aller möglichen Baumarten. Wenns nicht soooo weit weg wäre...



Zum ersten Teil dieser Serie 1000 Kilometer von Wien entfernte Ziele zu entdecken und irgendwann einmal einen Kreis in alle Richtungen zu haben gehts HIER.

Dieser Beitrag ist zugleich auch der 13. der Serie "Von Bäumen begleitet". 


Donnerstag, 10. September 2015

Kein Jakobsweg

"It keeps me going" sagt sie und geht mit winzig kleinen Schritten vor mir her ins Haus. Ihre Haltung und ihre Worte sprechen von viel Geschichte, Margaret ist immerhin stolze 75 Jahre alt und betreibt ihr Bed and Breakfast mit dem Ernst und der Hingabe eines Menschen, der tut was ihm zu tun geboten erscheint. "Was it tea or coffee" fragt sie nach, meine Antwort davor ist in den zwei Sätzen danach versickert. Margaret ist um mein Wohlergehen besorgt, wie  die vielen Jahre um alle, die hier für die Nacht eine fürsorliche Aufnahme - a warm welcome - gefunden haben. 



Black Valley, ein enges Tal zwischen den Bergen, abgeschnitten von den Hauptverkehrsrouten, ein paar Farmhäuser, ein paar wenige Ferienhäuser. Ganz in der Nähe die größte Touristenfalle Irlands, den berühmten Steinwurf weg und doch scheint hier der Trubel Lichtjahre entfernt. Direkt vor dem Haus führt der Kerry Way, ein Weitwanderweg der die größte Halbinsel des Südwestens zu Fuß erlebbar macht vorbei, an den Hängen der Macgillycuddy´s Reeks und dem höchsten Berg Irlands. Der Blick von meinem Zimmerfenster eröffnet eine malerische Landschaft, im Hintergrund eines der Killarney Seen, das Wetter wechselt minütlich. Da draußen ist Programm vom Feinsten.



Wem der Jakobsweg in Spanien zu überlaufen ist, hier gehen pro Tag in der Hochsaison ein paar Leute durch und in den nicht einmal ein halbes Dutzend Herbergen am Ende einer Tagesetappe ist immer noch das eine oder andere Zimmer frei. Das erstaunt mich immer wieder! Eine Landschaft zum niederknien und man kann alleine sein, wenn man das möchte. 
Mitte August herrschte prächtig irisches Wetter, mal ein Schauer, dann wieder Sonne, dramatischer Himmel und auch mal Schäfchenwolken.



Ich blieb drei Nächte, trieb mich auf Abschnitten des Weitwanderweges herum und bereute, kein Abendessen bei meiner Gastgeberin bestellt zu haben, als ich am Abend das Haus betrat duftete es herrlich nach Stew. Margaret hatte für deutsche Gäste gekocht, die den Kerry Way erwanderten und nach ihrer Ankunft nach der Tagesetappe erstmal eine ordentliche Stärkung brauchten. Pub gibt es an diesem Abschnitt keines. Zwischendurch kam ich mit Margaret ins Gespräch, sie zeigte mir ihre Familie auf den Fotos und ihren Ehemann. Vor vier Jahren sei er am Weihnachtsabend gestorben. Diese Info muss erst mal sickern, betroffen frage ich sie, wie sie das verkraftet hat. "I hate Christmas" gibt sie mir trocken und unmissverständlich zur Antwort....



Vor meinem Fenster grast eines der Pferde, die für die Einspänner im Killarney Nationalpark die Wägen ziehen, um den Touristen die romantische Landschaft auf "romantische" Art näherzubringen. Margarets Sohn, der ein Haus weiter wohnt besitzt solche Pferde, die sich hier wunderbar stärken können.



Ein Plätzchen mit Aussicht, Kamelienbüschen und Pelargonien am Fenster, irgendwie schnuckelig und es bleibt kein Zweifel darüber, dass der Sommerhimmel genug für das Gras getan hat...



Auf meiner Weiterfahrt muss ich durch den Gap of Dunloe und breche früh auf. Hier steppt der Bär sobald es gegen 10 Uhr morgens geht, das kann man nicht glauben. Auf einer Länge von etwa 10 Kilometern schlängelt sich eine einspurige Straße mit einigen Ausweichbuchten durch die berühmte Schlucht. Mietautos mit verzweifelten Ungewohntlinksfahrern, dazu am laufenden Band Pferdewägen, Radfahrer und Fußgänger, die alle versuchen friktionsfrei das andere Ende der Strecke zu erreichen und das in beide Richtungen wohlgemerkt. Margaret meint, das geht schon, sie war gestern Nachmittag drüben auf der Post, mir bleibt die Spucke weg. Ich habe die Angebote in der Broschüre gelesen und es wundert mich nichts mehr. Zu Fuß braucht man für die Runde mit anschließender Bootsfahrt zurück nach Killarney sicher einen ganzen Tag, was schön (relativ, wenn man den "Verkehr" bedenkt) ist, aber Zeit braucht. Mit dem Pferdewagen ist dann sicher noch Zeit für einen ausgedehnten Einkaufsbummel in der Stadt.

Und ein paar Schritte auf die Seite ist alles friedlich, ruhig und einsam...




Hier noch zwei Fotos von Seele-(d)tankt-Stationen. Einatmen, ausatmen...





Inzwischen haben sich auch hier in Österreich die Temperaturen an die des Sommers in Irland angeglichen, es herbstelt ein wenig. In der Nacht ist es richtig kalt und auch das Haus verliert nach und nach seine gespeicherte Wärme. Ich erinnere mich zurück an mein winziges Zimmer, in dem ich im Bett sitzend, fest in der Decke eingepackt (die Iren haben es in den Häusern frisch) den Abend verbringe. Lesen oder doch lieber aus dem Fenster schauen? Immer diese Entscheidungen! Irgendwann wird es auch hier dunkel und ich ziehe die Decke über die Ohren, so früh, wie ich es niemandem glauben würde, der das von mir behauptete...


Samstag, 5. September 2015

Away from it all

In die Stille gehen. Das kam dabei heraus, nachträglich ganz klar. Aus einem Sommer voller Aktivitäten entschied ich mich spontan für eine paar Tage "Klausur". Eine kleine Auszeit, nicht für das Kloster, aber für das Alleinsein. In der Natur, an Plätzen, die mir lieb und teuer geworden sind. Keine Nachrichten, keine Musik, keine langen Gespräche mit anderen....



Anfangs regt sich eine Art Widerstand gegen diese "gestohlene" Zeit, aber bald schon, wenn im Gehen und Schauen und Verweilen alles das, was als Anspannung und Belastung irgendwo in mir zwischengeparkt war wieder an die Bewusstseinsschwelle tritt und diesmal um Aufnahme bittet, um bearbeitet, losgelassen und geheilt zu werden, spätestens dann weiß ich wofür ich hierher gekommen bin. Alleine, mit mir selbst als Begleiterin. Heute spüre ich die Kraft in diesen Momenten, wo ich mich intensiv verbinden kann. Mit der Fülle, die mich umgibt. Nachdem sich herausgearbeitet hat, was ich als Ballast mitgeschleppt hatte.



Ordnende Kräfte werden wirksam, ich muss gar nicht viel tun. In etwa Gedanken, Bildern und Gefühlen die auftauchen Raum geben. Dann ziehen sie ihrer Wege, wie ich meine Schritte setze und auch stehenbleibe und verweile. In der Stille einer Wiese, eines Waldes, oder mit dem gleichmäßig herein- und hinausströmenden Klang der Wellen am Meer.



Paradox: Je mehr ich mich bei dem Gedanken sträube mich ins Alleinsein aufzumachen, umso dringender brauchte ich es. Die ersten Tage stürmt und flutet es in mir, dann kommt Ruhe und ein Gefühl von Frieden.

Die nächsten Herausforderungen warten, sie warten immer. "Noch was zu tun befiehlt die Eitelkeit", wie es kokett in einem Lied heißt. Aber so ist es nicht. Ohne dass wir es uns bewusst wünschen kommen sie daher, klopfen zunächst leise harmlos an der Tür, um dann immer lauter zu fordern, dass man sich mit ihnen auseinandersetzt: Die wahren Aufgaben des Lebens. In der Liebe, im Mitgefühl und im Verständnis füreinander zu wachsen. 


                     Alle Fotos: Bantry House and Gardens, Südirland

Ich spüre, wie sich vieles in mir entspannt und sich ein gutes Gefühl in mir ausbreitet. Die Stille, Bäume, Blumen, Wasser, Steine, Moos, Gras. Sie alle haben mir dabei geholfen. 




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